Besuch aus Berlin und im Koffer der Düsseldorfer Barde

HeineprogrammAls das Sklavenschiff ablegte, hätte man ein Nadel fallen hören können in unserer Aula: Am 18. März haben die beiden Berliner Musiker Christian Georgi und Detlev Rose die Schüler der Q1 und Q2 samt ihren begleitenden Lehrerinnen und Lehrern auf eine literarische Entdeckungsreise durch den Kosmos des Dichters Heinrich Heine mitgenommen. DoppelflöteDie glasklare und inspirierende Rezitativ-Stimme von Detlev Rose und die von ihm komponierte und arrangierte, filigran-pointierende Begleitung durch Christian Georgis Saxophon, Midi-Sax., Querflöte (und auch mal zwei Blockflöten gleichzeitig) machten dabei den in Düsseldorf geborenen Lyriker in seiner ganzen Aktualität so lebendig, als wandle er höchstselbst in seiner ganzen menschenfreundlichen Wärme und mit geballtem Esprit durch die Reihen der Zuschauer. Der Facettenreichtum von Heines Gedichten, seine Reisebeschreibungen, Betrachtungen und Bonmots sprang einem ins Auge, durchmaß den Raum zwischen den Ohren, wärmte die Herzen und schüttelte das Zwerchfell durch. Heines Weltbürgertum und Heimatlosigkeit in Zeiten politischer Reaktion, seine selbstironische Absage an Schwärmerei und sein Lachen über jegliche irdische Autorität wurden spielerisch an den Mann und die Frau im Saal gebracht. In Sachen Liebe geschah das durchaus interaktiv mit zum Reimen animierten Schülern und zutiefst seriös angehimmelten Deutschlehrerinnen. Alle bekamen ihr Fett weg: Sei es der Preuße (Er ist im Himmel nicht willkommen) oder der Adel (Heine reimt ‚Kaiser‘ auf ‚Birkenreiser‘), der deutsche Professor (nur er kann mit System das Leben auseinandernehmen und wieder zusammensetzen), jegliche Form von bornierter Dünkelhaftigkeit, vor allem aber der verliebte Mann als solcher. Dem bleiben letztendlich nur zwei Möglichkeiten:

Entweder freundlich-sanftes Fluchen oder, wie Heine es ausdrückt: Aus großen Schmerzen kleine Lieder machen. Denn wohin auch immer die Zuhörer Rose und Georgi alias Heinrich Heine folgen: Egal ob nach Amerika, dem Land der Freiheitsflegel, ins kalte Russland oder das vom Exilanten Heine so vermisste Deutschland seines Herzens oder in den menschlichen Abgrund von Ausbeutung (der schlesischen Weber) und Sklaverei (auf dem Sklavenschiff auf dem Weg ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten) – Heimat ist im Kosmos Heinrich Heines ein übernationaler, mal aufgeklärter, mal schwärmerischer, aber vor allem utopischer Ort erfüllter Liebe und echter Mitmenschlichkeit. BrassDanke an Detlev Rose und Christian Georgi für das große Vergnügen dieser musikalisch grandios in Szene gesetzter Lyrik auf Leben und Tod. Danke auch für das zuvor absolvierte Fabelprogramm für über dreihundert Schüler von Konrad-Adenauer-Gymnasium und geladenen Viertklässlern von Robert-Koch und Lyngsbergschule, über das der General-Anzeiger hier berichtet.
J. Juhre