Henriette steht vor uns und erzählt.
Sie erzählt von ihrer zunächst glücklichen Kindheit in der damals polnischen Stadt Stanislawów. Dann erzählt Henriette von der Flucht ihrer Familie nach Lemberg, dem heutigen Lwiw. Sie erzählt von ihrem ersten Eindruck von deutschen Wehrmachtstruppen, die sie mit ihren Kinderaugen neugierig bestaunte. Dann erzählt sie von den nun beginnenden Deportationen, von ihrer Rettung durch einen ukrainischen Offizier, dem Leben in einem Versteck, das eine polnische Frau Henriette und ihren Eltern gewährt, von ihrer Entdeckung, ihrer Verhaftung, ihrer Zeit im Gefängnis, im Ghetto.
Sie berichtet, immer noch stehend, den anwesenden Schülerinnen und Schülern der Q1-Kurse in den Fächern Geschichte und Sozialwissenschaften und unseren zehnten Klassen von der Auflösung des Ghettos, von einem weiteren Versteck bei Familie Patralski, ihrer Entdeckung, der Ermordung ihrer Eltern.
Henriette flüchtet in ein Waisenhaus, wo sie schließlich die Befreiung durch die Sowjetarmee erlebt. Henriette Kretz wird, nach wie vor in der Aula unserer Schule stehend, auch noch von anderen Stationen in ihrem Leben erzählen, von Antwerpen und von Israel.
Die Augen, die all das gesehen haben, blicken uns mit offener Freundlichkeit, Lebhaftigkeit und Güte an. Henriette ist mittlerweile 90 Jahre alt.
Wir als Schulgemeinde möchten von Herzen danke sagen – Henriette und denen, die uns die Begegnung mit ihr am 27. Mai in unserer Schulaula ermöglicht haben: Herrn Gerst, unserer Schulpsychologin Frau Stark vom Schulamt der Stadt Bonn und dem Freiburger Maximilian-Kolbe-Werk.
Hier einige Reaktionen aus der Zuhörerschaft:
„Ich fand den Vortrag der Zeitzeugin sehr eindrucksvoll und spannend. Die ganze Theorie, die man im Unterricht gelernt hat, in einer echten Lebensgeschichte zu hören, ist eine ganz andere Erfahrung, als man erwarten könnte. Ich finde, wir können sehr dankbar sein.“
„Der Vortrag von Frau Kretz hat mich sehr bewegt. Die persönliche Geschichte und ihre Erfahrungen, die sie uns mitgeteilt hat, haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Vor dem Vortrag fiel es mir schwer, mir Gesichter zu den harten Fakten vorzustellen. Jetzt sehe ich dieses kleine Mädchen, welches diese unvorstellbare Zeit in Terror mit viel Glück überleben konnte, vor mir, wenn ich mich mit dieser schlimmen Zeit beschäftige.“
„Ich finde Frau Kretz hat ihre Geschichte sehr eindrücklich erzählt, mit vielen Aspekten, die mir noch nicht so bewusst waren und die einem nochmal die schlimme Situation von damals vor Augen geführt haben. Ich war sehr beeindruckt von Frau Kretz, davon wie sie ihre Geschichte vorgetragen hat und wie stark sie dabei gewirkt hat.“
„Ich fand den Vortrag sehr interessant, informierend und sehr spannend. Es von einer Person erzählt zu bekommen, die es im echten Leben erlebt hat, fand ich sehr erstaunend. Ihre Erfahrungen und Gedanken von damals zu erfahren, gab mir Gänsehaut. Insgesamt fand ich die Idee, eine Zeitzeugin hierzuhaben, sehr gut!“
„Ich fand den Vortrag sehr spannend und berührend. Ich finde, sie hat es gut gemacht und uns einen guten Einblick verschafft wie es damals bei ihr war. Sie hat auch viel über die Gleichheit der Menschen geredet und dass wir alle gleich viel wert sind und wir alle Menschen sind, das fand ich sehr schön.“
„Die Tatsache, dass Frau Kretz trotz ihrer traumatischen Erlebnisse unter dem NS-Terror so viel Positivität ausstrahlt, hat mich zutiefst beeindruckt. Ebenso wie ihr entschlossener Wille, ihre Geschichte und die damit verbundene Botschaft den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, was ihr – so mein Eindruck – sehr gut gelungen ist.“ (J. Gerst).