Hast du nicht auch manchmal den Wunsch, einfach das zu sagen, was du wirklich denkst? Dieses Gefühl, dass man die Worte einfach loswerden will – doch man weiß nicht wie? Da ist dieser Mann, der in der Bahn vor dir steht und viel zu laut telefoniert, dem du am liebsten das Handy aus der Hand reißen würdest, um ihm deine Meinung zu geigen. Die Frau, die in der Fußgängerpassage ihren Blick nicht vom Smartphone lösen kann, sodass du kurz davor bist, ihr ein Bein zu stellen, um mit deiner Predigt zu beginnen. Die Menschen, die anstatt sich „Guten Appetit!“ zu wünschen, ihr Essen zuerst auf Instagram posten und es dich in den Fingern juckt, ihnen das Besteck zu reichen und zu sagen: „Iss, bevor es kalt wird!“. Es nervt dich alles und doch gibt es irgendwie nichts, über das man sich heute auf diese Weise aufregen könnte oder dürfte – vor dem Hintergrund von Hungersnot, Krieg und Krisen auf der ganzen Welt. Dann halt kurz inne, sammele deine Gedanken und tritt ins Rampenlicht. Teile den Menschen deine Meinung mit! Denn genau das ist es, was einen Poetry-Slam ausmacht. Als erster Literaturkurs der Q1 konnten wir in diesem Jahr dieses Projekt am Konrad-Adenauer-Gymnasium in Angriff nehmen, welches am 29. März 2019 in einer eigenen Vorstellung unter dem Namen Mobile One mündete.
Die Basics vorab: In diesem offenen Dichterwettstreit mit einer Jury bestehend aus Lehrern (das waren diesmal Frau Kühlwetter, Herr Trimpop, Herr Waasem) und je einem Eltern- und Schülervertreter (Herr Lopuszanski, Ala-Addean Mustapha) konnten die Schüler unseres Kurses in drei Gruppen à vier Personen zeigen, was sie über das Schuljahr hinweg an Texten verfasst und sich an Ideen haben einfallen lassen. Denn das waren die Grundbedingungen: Ein selbstgeschriebener Text zum Oberthema Mobilität – vorgetragen an diesem einen Abend. Alles von Lyrik bis Prosa war erlaubt – wichtig war nur: Der Inhalt schloss im weitesten Sinne die Mobilität mit ein. Zudem durfte ein einzelner Text nicht kürzer als eine aber auch nicht länger als fünf Minuten sein, wobei Requisiten und Kostüme bis auf den eigenen Handzettel verboten waren. Nach den glorreichen Auftritten lag es an der Jury, einen Kommentar abzugeben und die Punkte von 1 bis 10 zu vergeben. Um eine faire Bewertung gewährleisten zu können, wurde die beste und die schlechteste Wertung rausgestrichen. Der Punktbeste einer Riege kam automatisch ins Finale, in dem er einen weiteren, zweiten Text präsentieren musste.
Als Gegengewicht und zur weiteren Unterhaltung wurden außerdem zwei Sketche von Schülern aus dem Literaturkurs aufgeführt – der erste präsentierte neuzeitlich-dramatische Probleme in einer Smartphone-Selbsthilfegruppe, während der zweite Sketch das etwas andere Leben von Kindern mit ihren mediensüchtigen Eltern in der digitalen Welt darstellte. Hinzu kamen außergewöhnliche und abwechslungsreiche Musikeinlagen von Herrn Stett (Kontrabass und Gitarre), Herrn Trimpler (Saxophon), Herrn Waasem (Piano), Vera Merziger (EF,Violine) sowie dem ueberregional bekannten Slammer Ingo Nordmann als Überraschungsgast, der unserem ersten Slam ein professionelles Flair verlieh. Großer Dank geht auch an unser smartes Moderations-Duo Romy Titov und Lennart Eberwein.
Die Texte handelten von verschiedenen Menschen auf der gesamten Welt, von Digitalem und seinem Einfluss in nahezu jeglichem alltäglichen Bereich. Ob es nun Tom und Jerry als Metapher für amerikanische Außenpolitik waren oder ein lyrischer Einblick in das Leben eines Flüchtigen in einem fremden Land – so ziemlich alles war vorhanden und die Texte sprachen das Publikum auf humorvolle Weise an oder inspirierten zum Nachdenken. In besonderer Weise waren die Zuhörer und Jury-Mitglieder von Natalia Baranowskis erstem Text, der im Detail das Leben eines introvertierten, ängstlichen Menschen dargestellte und die gesamte Aula in ehrfürchtiges Schweigen versetzt hat. Dieser Beitrag beförderte sie ins Finale, in dem sie mit einer wunderbar feinsinnig beobachteten Sammlung alltäglicher Peinlichkeiten gegen starke Präsentationen von Sara Al Bagdady und Pia Singer antrat: Sie auch offizielle Siegerin des Abends – und der Herzen. Alles in Allem war Mobile One ein voller Erfolg und wir freuen uns schon auf den nächsten Poetry-Slam am Konrad-Adenauer-Gymnasium!
Susana Glaza, Pia Singer und Vanessa Schneider, Q1
Fotos: Alfred Schmelzeisen und Jens Juhre